Wild Wild Ost
Goldrausch an der Elbe
Im ROED - Verlag, oder in meinem Shop
4. erweiterte Ausgabe mit einer zusätzlichen Story
Wendezeit 1990-1994 Kneipenszenen-Kurioses damals
Die In-Kneipen zu jener Zeit wechselten wie die Unterwäsche, „Klax“, „Leiter“, „Dr. Schlüters“, „Max“, zur Disco ins „Hollywood“ usw. Karli und Dorit‘s „Linie 6“ erwähnte ich bereits in meinem letzten Bericht.
Viele gibt es nicht mehr, einige wieder.
Die Villa in Dresden (Blasewitz, Wägnerstrasse) war mittlerweile fertiggestellt und tags drauf lüsterte es uns auf einen Mittagstisch im „Max“, einer beliebten Szenekneipe. Das Tagesessen hier war preisgünstig und ganz ordentlich. Manchmal spielten wir nach dem Essen noch die
eine oder andere Runde Backgammon. Ich bestellte mir das Tagesessen zu
4,80 DM. Heute gab es Senf-Eier mit Salzkartoffeln. Meine Mutter kochte
das hin und wieder und ich hatte so richtig Heißhunger darauf.
Dampfend kamen sie, serviert vom Chef höchstpersönlich, einem
aufmerksamen und netten Düsseldorfer, an unseren Tisch. Mit der Gabel
pikste ich herzhaft in das Ei und peng, explodierte es und der Schlamassel
flog uns um die Ohren. Wir, vor allem ich, sahen aus wie tapeziert. Mein
Anzug wie damals zu den Anfangszeiten mit der spritzenden Wurst,
nur diesmal war er farblich interessanter versaut. Klar entschuldigte sich
der Chef. Da konnte man nun nichts machen, er konnte ja auch nichts
dafür. Missgeschick eben. Jackett aus, Hemd ausgezogen. So saß ich halt
mit T-Shirt da, war ja warm. Dafür bekam ich die zweite Portion mund-
gerecht zugeschnitten und musste das Essen auch nicht bezahlen.
Gegen Abend machten wir uns dann auf ins „Dr. Schlüter“, eine
Kneipe in einem Gewölbekeller. Dixie plätscherte munter vor sich hin.
Notaro Schöneschluck und ein Versicherungsagent saßen wie fast jeden
Abend vor einer Flasche ,Witwe‘ und süffelten den Schampunelli. Fabius
setzte sich zu den beiden, während Jens Rettich und ich an die Bar zu
einer Blondine gingen. Wir unterhielten uns nett miteinander, natürlich
unter den wachen Augen von Fabius. Schließlich kam er zu uns an den
Tresen: „Macht mal Platz, ich zeige Euch, wie man das mit einer Lady
macht.“
Damit meinte er uns und dann in Richtung des Zuckerpüppchens mit
Engelsstimme: „Ich bin Fabius Stoff, darf ich Sie zu einem Glas Champag-
ner einladen?“
Sie bejahte freundlich und wir beide setzten uns an den Tisch, um das
Spektakel aus der Distanz zu beobachten. Wir hörten und sahen einen
lautstark sprechenden und wild gestikulierenden Fabius und verstanden
so einigermaßen, was er sagte: „Ich habe Lust auf dich, ich lade dich ein,
mit meiner Stretchlimousine herumzufahren, und dann gehen wir schön
gepflegt essen.“
„Nö. Danke für den Schampus, aber kein Interesse!“ Dabei wandte sie
sich ab und drehte Fabius den Rücken zu.
„Moment mal, ich bin der Vize vom 1. FC Dynamo Dresden, außerdem
kann ich dir meine Villa zeigen, wenn du möchtest.“
„Kein Interesse, sagte ich doch!“
Wieder sah der Fabius nur ihren entzückend offenen Rücken.
„Ja, verdammt noch mal. Ich bin Fabius Stoff, ich habe eine Stretchli-
mousine, bin Vize vom 1. FC Dynamo Dresden und habe eine Villa, außer-
dem einen Hubschrauber. Was hältst du davon?“
„Du kannst dir einen wedeln gehen, aber nerv mich nicht!“
Fabius hörte natürlich unser Hämegelächter und holte zum allerletz-
ten Schlag aus, nun schon lauter und massiver.
„Du blöde Kuh, was soll ich denn machen, um bei dir zu landen? Sol-
len wir etwa 17 und 4 darum spielen?“
Aha, jetzt schien er doch glatt ihr Interesse geweckt zu haben.
„Na, dass du auch mal was Vernünftiges vorschlagen kannst. Um wie
viel denn?“
„250 DM. Wenn du verlierst, gehen wir in meine Villa.“
Beide setzten sich an den Tisch und bestellten Karten bei der Bedie-
nung.
Schampus wurde nachgefüllt. Notar Schöneschluck erklärte sich bereit,
die Aufsicht zu übernehmen. Angie, so hieß die Blonde, zündete sich pro-
fimäßig eine Kippe an. Los ging es. Fabius hatte 20 Augen, sie 21. Fabius
verlor. „Ich verdoppele“, rief Fabius nervös und bestellte vorsorglich noch
eine Flasche ,Witwe‘ und eine Runde Kirschwasser. Das Kirschwasser
brachte der Chef des Hauses, ein Oberfranke, und verschwand sofort wie-
der. Sie schaute in ihre Karten und meinte, dass es gut sei. Fabius schmun-
zelte, überlegte, ob er noch eine Karte nehmen solle, und nahm eine.
Sie 20. Er drüber hinaus, erledigt.
„Scheiße. Noch mal verdoppeln.“
„Aber nur einmal, wenn du gewinnst, dass das klar ist“, sagte sie ganz
souverän.
Notar Schöneschluck machte Zwischenkonto: „500 zu Gunsten der
Dame.“
Wieder gewann Angie, die junge Freche. 1.000 DM, 2.000 DM, 4.000
DM, 8.000 DM.
„Letzte Runde, ich verdopple noch mal.“ Angie schaute in ihre Karten
und sagte: „Genug!“ Fabius musste noch eine Karte nehmen und prompt
war er wieder im Eimer. So war er innerhalb von Minuten um 16.000 DM
ärmer und eine junge Frau, die das Geld nötig hatte, um 16.000 DM rei-
cher.
Unter Absingen seiner bekannten schmutzigen Lieder verließ Fabius
die Lokalität, nachdem er einen Scheck über die Summe ausgefüllt hatte....
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Zu Wild Wild Ost
Ebenso authentisch, wenn auch von einem Westdeutschen und schon deshalb sprachlich etwas krachender, kommt die Glücksritter-Klammotte "Wild, wild Ost" von Terry Kajuko daher. Dem erzählenden Gartenbau-Unternehmer geht es 1990 wie der ganzen alten Bundesrepublik: Die fetten Jahre sind vorbei, Aufträge knapp und sein schwäbisches Leben öde. Im Dresden erlebt er seinen privaten Aufschwung Ost aus Korruption und Größenwahn – zum Glück mit Happy End: Dem Absturz des Schwaben.
STERN 20.Oktober 2012
»... seine Story ist so erheiternd, dass das Buch tatsächlich das Zeug hat,
Kultstatus zu erlangen.« Oliver v. Schaewen Stuttgarter Zeitung
„…Hätte Egon Krenz geschafft, seine "Wende" tatsächlich umzusetzen, er hätte das, was da von Kap Arkona bis Weimar vor sich ging, fröhlich als NÖP bezeichnen können, als Neue Ökonomische Politik, frei nach Lenin und dem, was den Hintergrund für die rasanten Geschichten von Ilf und Petrow abgab. Kajukos Gestalten sind genau solche Typen, wie sie bei den beiden Russen dem einen, geldgepolsterten Stuhl hinterherjagen…Kajukos Geschichte hat sichtlich das Zeug zu einer rasanten Verfilmung. Wenn sich einer der deutschen Regisseure traut, denn mit melancholischen Seelenzerknirschungen kann er in keiner der flotten Szenen arbeiten. Das Buch lebt von Nicht-Besinnen, von Atemlosigkeit und immer mehr Sex und Drogen und PS und beschreibt damit ziemlich genau das gedankenloseste Jahrzehnt in der jüngeren deutschen Geschichte.“
Leipziger Internet Zeitung
„…Der Erzähler moralisiert nicht, sondern berichtet von einer Goldgräbergeschichte aus dem deutschen Osten – also von Verhältnissen, die zwar vergangen sind, sich aber in die nationale Psyche eingeprägt haben…“ Züricher Zeitung
„Alleine die Idee ist eine Auszeichnung wert: Terry Kajuko wirft die Symbolik des Wilden Westens, vermischt mit dem Totenkopf der Piraten, über den Aufbau Ost. Der Wilde Westen, das bedeutet: Goldrausch, harte Sitten, Kampf ums Überleben, Gesetzlosigkeit, Raffgier…an manchen Stellen, wenn die verheirateten Männer ihre Angetrauten vernachlässigen und betrügen, wenn der Alkohol fließt und das Koks über Straßen fegt, dann wird man an diese merkwürdige, gedankenlose und primitive Erzählstruktur von American Psycho erinnert. Wohl auch deswegen, weil viel zu wenige Autoren so wie Bret Easton Ellis oder Terry Kajuko den Mut aufbringen, die Oberflächlichkeit des modernen Kapitalisten zum Thema zu machen und dahinter nicht mehr als ein großes, sinnloses Nichts zu entdecken…“ Literaturkritiker Christoph Mann
„Ist das wahr? Ist das erfunden? Wenn es nicht wahr wäre, müsste man es erfinden, so verrückt sind die Geschichten des Schwabener Gartenbauers Terry Kajuko, die er nach der Wende in Dresden erlebt hat.“ André Hille, Textmanufaktur
„Und ist es auch nicht wahr, so ist es doch wenigstens gut erfunden“, weiß ein irisches Sprichwort – und das ist mir immer wieder eingefallen, als ich „Wild Wild Ost“ gelesen habe. Was mag an dieser Geschichte erfunden sein – oder vielleicht besser: Was ist an ihr nicht erfunden? Wenn „Wild Wild Ost“ seine Bezeichnung als Roman wirklich verdient, dann lässt das nur den Schluss zu, dass Kajuko einfach ein sehr einfallsreicher Erzähler ist – denn so, genauso muss es damals gewesen sein, als die Wessi-Pioniere sich auf den großen Treck Richtung Osten begaben, um dort Neuland zu erschließen…“ Literaturkritik Gemeinwesen
Und aber auch …„Das gesamte Buch ist eine Anhäufung von Trink- und Essgelagen. Frauen sind in diesem Buch nur ein Objekt der männlichen Gelüste und dumm.“ Rezi Bokmask
"Kajukos Geschichte hat sichtlich das Zeug zu einer rasanten Verfilmung. Wenn sich einer der deutschen Regisseure traut, denn mit melancholischen Seelenzerknirschungen kann er in keiner der
flotten Szenen arbeiten. Das Buch lebt von Nicht-Besinnen, von Atemlosigkeit und immer mehr Sex und Drogen und PS. Und beschreibt damit ziemlich genau das gedankenlosteste Jahrzehnt in der
jüngeren deutschen Geschichte." (Ralf Julke, L-IZ, 29.10.2007)
Terry Kajuko versteht es in einer einfachen und gewitzten Sprache den Aufstieg der beiden Glücksritter dem Leser nahe zu bringen. Dabei beschönt er weder den Betrug noch verurteilt er die
Naivität der Ostdeutschen, die es dennoch verstehen, ihr Schäfchen ins Trockene zu bringen. Die Verlierer sind hier nämlich die Westdeutschen. (...) Dieser unterhaltsame Roman blickt zurück in
eine Zeit, in der alles möglich war - Positives als auch Negatives." (Nadja Naumann, Sonntagsnachrichten, 25.11.2007)
"Knapp 20 Jahre nach dem Fall der Mauer erzählt Terry Kajuko in seinem Erstlingswerk Wild Wild Ost, eine wahre Geschichte von Gier und Größenwahn, von Höhenflug und tiefen Fall in einer spröden,
ehrlichen Sprache. Das Buch, für den Autor ein Stück Zeitgeschichte, schildert die Wendezeit einmal nicht aus ostdeutscher Perspektive, sondern aus der Sicht eines Wessis." (Harz Kurier / Echo
zum Sonntag, 30.12.2007)